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Pressemitteilung vom 13.07.2023Balkonkraftwerke: Handwerk fordert höhere Sicherheitsstandards und einheitliche Förderrichtlinien

Aachen. Die Handwerkskammer (HWK) Aachen unterstützt ausdrücklich die Pläne der Politik für den Ausbau erneuerbarer Energien, sieht jedoch erheblichen Verbesserungsbedarf für eine nachhaltige, verlässliche und dezentrale Energieversorgung. HWK-Präsident Marco Herwartz kritisiert den derzeitigen Wildwuchs und fordert ein koordiniertes Vorgehen, das den Schwerpunkt auf „Sicherheit, Bürokratieabbau und Förderung“ legen solle, um die Energiewende erfolgreich umzusetzen.

Kritisch sieht Herwartz die steigende Zahl nicht korrekt angemeldeter Balkonkraftwerke. „Damit wird die Gesamtleistung der Leitung erhöht, ohne dass ein Schutzorgan bei potenzieller Überlast abschalten kann. Von daher sollte kein Balkonkraftwerk ohne vorherige Expertenberatung und Abnahme durch entsprechende Handwerkerinnen und Handwerker installiert werden dürfen. Schließlich sind bis zu 80 Prozent der elektrischen Anlagen in Bestandsgebäuden in Deutschland sanierungsbedürftig.“ In seinen Augen vermittle die Werbung für sogenannte Plug&Play-Lösungen den fatalen Eindruck, dass Balkonkraftwerke nach Belieben angeschlossen werden könnten. „Vielmehr handelt es sich aber um eine Anlagenerweiterung, die nach Norm geprüft und angepasst werden muss. Das kann kein Laie", betont der HWK-Präsident, der im Hauptberuf Elektrotechnikermeister ist.

Zudem sieht Sven Ohligschläger, Obermeister der Fachinnung für Elektrotechnik Aachen, langfristig den Bedarf, das Energienetz grundlegend zu erneuern. Er erklärt: „Unsere Netze wurden vor Jahrzehnten so geplant, dass von großen Kraftwerken dicke Leitungen weggehen und sich diese immer weiter verjüngen. Dieses Konzept war nie dafür gedacht, große Mengen dezentral produzierten Stroms aufzunehmen und zu verteilen.“ Ohligschläger fügt hinzu: „Bislang haben wir in Deutschland ein sehr stabiles Stromnetz ohne nennenswerte Blackouts. Um diese Stabilität unter den neuen Rahmenbedingungen zu erhalten, muss sehr viel Geld in die Stromleitungen und die dynamische Lastenregelung investiert werden, und zwar bis in die Wohnungen hinein.“

 Darüber hinaus plädiert die Handwerkskammer Aachen für einen vereinheitlichten Antragsprozess für den Anbau von Balkonkraftwerken. „Der aktuelle Vielklang an Genehmigungsverfahren bei den Netzbetreibern verlangsamt den Prozess und führt zu unnötigem Aufwand und damit Kosten. Eine einheitliche Antragsstellung würde die Vorgänge vereinfachen und Transparenz schaffen“, so Herwartz.

 Die HWK Aachen fordert außerdem die Vereinheitlichung der Förderrichtlinien sowie die Möglichkeit, verschiedene Programme zu kombinieren. Herwartz: „Eine einheitliche Förderlandschaft und die Kombinierbarkeit von Programmen würden den Verbrauchern und Installateuren eine klare Orientierung bieten und den Ausbau erneuerbarer Energien weiter vorantreiben.“ Aktuell müssten sich alle Beteiligten mit einer Vielzahl von Vorgaben auseinandersetzen. „Hier muss der Antrag vor Projektstart, dort nicht länger als zwölf Monate nach Inbetriebnahme gestellt werden, und im nächsten Ort gelten wieder andere Regeln“, fasst der HWK-Präsident die derzeit chaotische Förderlandschaft zusammen.