
News vom 11.09.2025Auf Holz gebaut
Fachhochschule und Handwerkskammer arbeiten eng zusammen.
Alexander Bank und Doris Schlachter
Das Stichwort »Kooperation« fällt - und schon zucken alle zusammen: Jetzt kommt sie wieder, die endlose Lobrede auf die Zusammenarbeit, garniert mit den handelsüblichen Wortpaketen aus Wir müssen, wir sollten, wir wollen und wir planen. »Synergieeffekte« und »Wissenstransfer« dürfen auch nicht fehlen in jeder anständigen Absichtserklärung. Und danach gibt‘s Schnittchen. Anders geht‘s auch, Belege liefern die Fachhochschule Aachen (FH) und die Handwerkskammer Aachen.
In Simmerath reichen gut 20 Meter Fußweg für den Wissenstransfer zwischen Forschung und Praxis, denn das Aachener Zentrum für Holzbauforschung (AZH) der Fachhochschule Aachen ist nur durch einen Grünstreifen vom Gelände des Berufsbildungs- und Gewerbeförderungszentrum (BGZ) der Handwerkskammer getrennt. Hier stehen schon Mauern, die von Studierenden der Fachhochschule Aachen berechnet und von Auszubildenden der Handwerkskammer hochgezogen wurden. Hier knallt es planmäßig, wenn die FH-Holzexperten Handwerkern in den Werkhallen des AZH die Belastbarkeit eines Holzstückes unter Prüfbedingungen vorführen und das Brett irgendwann mit viel Getöse nachgibt. Vor dieser Vorführung mit Knalleffekt bekamen die Holzfachleute aus den Handwerksbetrieben übrigens zu hören, wie sie ihren Betrieb nachhaltig aufstellen können. Diese Fachinformationen kamen von Alexandra Gier, sie ist betriebswirtschaftliche Beraterin der Handwerkskammer Aachen.
Die Erfolgsformel ist dabei offensichtlich: Expertise in Forschung und Praxis werden in direkter Nähe kombiniert, beide Seiten profitieren. Etwa dann, wenn die brandneuen Holzbearbeitungsmaschinen im AZH aufgestellt worden sind und auf den Ersteinsatz warten: Dann kommen die Ausbildungsmeister vom BGZ rüber und es gibt eine Einführung in Bedienung und Anwendung der neuen Gerätschaften und erstes Probearbeiten unter Aufsicht: zum Einstieg fertigten die FH-Holz-Leute dann Frühstücksbrettchen aus ihrem Lieblingswerkstoff an.
Die Nachbarschaft der Holz-Experten funktioniert also bestens. Prof. Dr. Thomas Uibel (Fachgebiet an der FH: Lehrgebiet Holzbau und Grundlagen konstruktiver Ingenieurbau), machte klar, dass die Resourcen des AZH dem Handwerk offen stehen: «Wenn Sie zum Thema Holz irgendwas ausprobieren möchten – melden Sie sich einfach bei uns!»
»Anfassbar« wurde die Kooperation bislang beileibe nicht nur beim Brett fürs morgendliche Käsebrot zum Kaffee: demnächst auch in zwei Pavillons beim Grillen von Würstchen und Co. und zuletzt am Kassenhäuschen vor dem Fußballspiel. Aber eins nach dem anderen: Im Rahmen des Moduls »CAE – Holzbautechnologie« im Studiengang Holzingenieurwesen entwarfen und bauten zwei Studi-Teams der FH Aachen im Rahmen eines Wettbewerbs Grillpavillons für das Bildungszentrum BGZ Simmerath und »Unser Dorf« Linden-Neusen. Die beiden Konstruktionen mussten praxisnah, wetterfest und gestalterisch ansprechend sein; zudem spielten regionale Materialien, Brandschutz und konstruktiver Holzschutz eine wichtige Rolle. 2024 entstand im selben Modul ein funktionales Kassenhäuschen für den TuS Lammersdorf, das von drei Studierendenteams geplant, gefertigt und aufgebaut wurde – inklusive Wettbewerb und Fachjury mit Vertretern aus Handwerk, Sportverein und Wirtschaft.
Beide Projekte zeigen eindrucksvoll, wie praxisorientiert und kooperativ Handwerk und Hochschule zusammenarbeiten. Und die Fortsetzung läuft schon: Das jüngste Beispiel wächst derzeit auf dem BGZ-Gelände. Das Pausenhaus »EinRaum+« feierte Ende August Richtfest; hier arbeiteten Studierende der FH und Auszubildende des BGZ zusammen und kombinierten ihr Können in Planung und Umsetzung.
Die Handwerkskammer Aachen, die FH Aachen, die StädteRegion Aachen sowie die Berufskollegs Mies-van-der-Rohe in Aachen und Simmerath-Stolberg bündeln ihre Kräfte für die Zukunft der beruflichen Bildung: Gemeinsam initiieren sie das »Kooperationsbüro für Zukunftscampus Berufliche Bildung StädteRegion Aachen«. Ziel ist es, die schulische, berufliche und akademische Ausbildung stärker zu vernetzen und die Ausbildungsbedingungen für Auszubildende und Studierende zu optimieren. Durch die enge Zusammenarbeit der Bildungseinrichtungen sollen neue Ansätze in der Fachkräftegewinnung entwickelt und die Vernetzung der Lehrenden an den Standorten Eifel Campus Simmerath und Technik Campus Neuköllner Straße/Aachen gestärkt werden. Die Verzahnung von Studierenden und Auszubildenden an den Campusstandorten schafft Austausch- und Begegnungsräume. Gleichzeitig werden innovative Lernmethoden und moderne Lehrkonzepte erprobt, um die berufliche Bildung weiterzuentwickeln.
Gemeinsam mit der IHK Aachen, der Städteregion und dem Fachbereich Elektrotechnik & Informationstechnik der FH Aachen wurde die Initiative Studiengang Elektrotechnik mit Ausbildungsorientierung (ETAUS) ins Leben gerufen. Dieses Projekt zielt auf eine praxisnahe Ausbildung im Bereich Elektrotechnik, abgestimmt auf die Bedürfnisse sowohl junger Menschen als auch der regionalen Wirtschaft und des Handwerks.
Im interdisziplinären Modul »InterPro« der FH Aachen trifft technisches Know‑how auf handwerkliche Kreativität – und das mit voller Begeisterung: Beim abschließenden Event im FH-Gründungszentrum wurde es erst dunkel, dann projizierte das Team Halux ein beeindruckendes Fahrradlicht – fertiggestellt nach nächtelangem Feinschliff – und demonstrierte: Mit Leidenschaft sind hier prototypische Ideen mit Markteintrittspotenzial entstanden. Ob Spiel‑Apps, Möbel für Pop‑up‑Stores oder eine Vision von Schwebebahn trifft Fahrradschnellstraße – insgesamt sechs Studierendenteams aus Bereichen wie Maschinenbau, Elektrotechnik, Informatik, Gestaltung und Wirtschaft haben im Team gearbeitet, Prototypen entwickelt, Machbarkeit geprüft und Geschäftsmodelle skizziert. Neu hinzugekommen sind beim letzten Durchgang Studierende der Akademie für Handwerksdesign der Handwerkskammer Aachen – eine Kooperation, die laut Kammerpräsident Marco Herwartz »mit Leidenschaft Grenzen einreißt« – und gemeinsames Gestalten von Wissenschaft und Handwerk ermöglicht. FH‑Rektor Prof. Dr. Thomas Ritz hob hervor, dass InterPro nicht nur Fachwissen vermittele, sondern auch Gründungsgeist wecke: Es geht um Einstellung, »innere Unruhe« und den Mut, über den eigenen Tellerrand hinauszudenken.