
News vom 05.08.2025Mit Lehm und Leidenschaft
Junge Menschen entdecken in Monschau das Handwerk – und ihre berufliche Zukunft.
Oft genug ist es beklagt worden: Das Handwerk hat ein Nachwuchsproblem. Doch klagen allein nützt nichts. Es gilt, kreative Wege zu finden, um junge Menschen für einen der überaus vielfältigen Berufe in dieser wirtschaftlich wichtigen Branche zu gewinnen. Dabei kann auch das »Freiwillige Soziale Jahr« (FSJ) ein wertvoller Schlüssel zu einer Tür sein, die den Weg zum Beispiel für die Baugewerke öffnen und so auf ungewöhnliche Weise Begeisterung wecken kann. Denn was vielleicht kaum einer weiß: Das FSJ kann man zum Beispiel auch in der Denkmalpflege absolvieren.
Wie das funktionieren kann, war kürzlich in der Stadt Monschau zu erleben. Für eine Woche war die von Uwe Steinberger in Bonn geleitete »Jugendbauhütte Rheinland« in den historischen Mauern der Stadt zu Gast. 27 Jugendliche, junge Männer und Frauen im Alter von 16 bis 26 Jahren, packten kräftig an, um denkmalgeschützten Objekten wieder zu neuem Glanz zu verhelfen. Angeleitet von erfahrenen Praktikern aus dem Handwerk, ging es an die Altbausanierung. Ein interessantes Objekt, das vielfältige Aufgaben bereithielt, hatte die Gastgeberin bereitgestellt, die »ISG Monschau – Zukunft mit Geschichte«. Hinter dieser „Immobilien-Standort-Gemeinschaft“ engagierter Bewohner, Hausbesitzer und Gewerbetreibender steckt ein breites Netzwerk von Menschen. Sie wollen dazu beitragen, dass das in Jahrhunderten bewahrte, altehrwürdige, attraktive Gesamtensemble Monschaus mit über 330 Denkmälern, behutsam erhalten, aber auch weiterentwickelt werden kann.
Im gerade entstehenden «Viertelhaus« der ISG an der Ecke Kirch-/Stadtstraße konnten sich die jungen Menschen fast nach Herzenslust in handwerklichen Tätigkeiten ausprobieren. In diesem mehr als 650 Jahre alten Gebäude, das lange leer stand und ziemlich heruntergekommen war, soll ab 2026 das bürgerschaftliche Engagement der ISG-Mitglieder und damit auch das fachliche Know-how für eine Sanierung an andere interessierte Denkmal-Begeisterte weitergegeben werden. Ziel ist es, eine lebenswerte Umgebung zu schaffen und zu bewahren.
»Kopf« der ISG ist Dr. Jascha Braun (39). Er stammt aus Gießen, ist aber mittlerweile ein Monschauer geworden, der gleichfalls große Begeisterung für die Altstadt und ihre Fachwerkidylle entwickelt hat – und dort auch zum Denkmal-Eigentümer geworden ist. Im Hauptberuf arbeitet er beim Landschaftsverband Rheinland mit dem Schwerpunkt städtebauliche Denkmalpflege. Studiert hat der Historiker an der Humboldt-Universität Berlin. Und an der Technischen Universität promovierte Braun in Kunstgeschichte zum Wohnungsbau in der Hauptstadt. Gerne will Braun auch eine enge Zusammenarbeit der ISG mit der Handwerkskammer Aachen suchen.
Der eigentliche Impuls für dieses spannende Projekt, das Braun ehrenamtlich betreut, kam aus Monschau. Bürgermeisterin Dr. Carmen Krämer: »Junge Menschen für traditionelles Handwerk zu begeistern ist insbesondere für die Stadt und ihre zahlreichen Denkmäler von großer Bedeutung. Ich habe festgestellt, wie sehr ihnen die Arbeit Freude bereitet. Das macht mir große Hoffnung, dass wir nicht nur weiter Handwerkerinnen und Handwerker ausbilden, die das Erbe unserer Vorfahren erhalten, sondern vielleicht auch den ein' oder anderen dafür gewinnen können, in einem alten Haus zu leben und es zu pflegen.«
Mareike Padberg (20) aus Koblenz, Finia Jakobs (19) aus Bochum und Mascha Boeningk (18) aus Köln packen im Viertelhaus mit an. Sie sind auf der Suche nach ihrem beruflichen Weg, wollen sich nach dem Abitur orientieren oder sind bereits im Studium. Gerade probieren sich die jungen Frauen im Lehmbau aus, rühren die breiige Masse mit einem Riesenmixer an, dass es nur so staubt. Damit wird dann das Flechtwerk der Wand »beworfen«, wie sie sagen – eine Arbeit, die ihnen sichtlich Freude macht, wie sie unisono betonen, und die für Mareike Padberg durchaus zum Beruf werden könnte: »Restaurierung im Handwerk, das kann ich mir gut vorstellen«, sagt sie.
Derweil sind Maja Kunert (19) aus Köln, Meret de Vries (22) aus Berlin und Nele Hellmann (19) aus Dortmund mit der Verkleidung einer Böschungsmauer hinter dem Viertelhaus beschäftigt. Carsten Dreger, ein Bildhauer aus Hamburg, der zeitweilig für die Jugendbauhütte arbeitet, sucht dafür die passenden Steine zusammen. Zu den weiteren Objekten, an denen die jungen Leute mitarbeiten, zählen das Stadtarchiv, wo Holzfenster gestrichen werden, wie auch ein Geländer gegenüber dem Haus Troisdorff. Mit Anleitung durch Mitarbeiter des städtischen Bauhofs werden für Monschau typische, stadtbildprägende Naturstein-Trockenmauern in Ordnung gebracht.
Gemeinsam erbringen die jungen Teilnehmenden eine große, großartige Teamleistung für den Denkmalschutz, aber vielleicht auch für eine erfolgreiche berufliche Karriere im Handwerk.