Jedes Objekt wurde konzentriert betrachtet und geprüft.
News vom 11.11.2025Punktabzug am groben Grat
Die Arbeit der Jury beim Landesentscheid der Deutschen Handwerksmeisterschaften in Simmerath.
Text und Fotos: Alexander Bank
Um zehn Uhr wurden die letzten Wasserflaschen hereingereicht, dann schlossen sich die Stahltüren mit einem satten Knall und die Dramatik nahm ihren Lauf: Hier bewerteten fünf Menschen fünf künstlerisch-handwerkliche Objekte und raus durften sie erst, als ihr Favorit feststand. Knappe drei Stunden sollte das schließlich dauern und eine Ausnahme gab es auch: Der Jury-Hund durfte zwischendurch mal rausschleichen und sich einen schönen Baum suchen.
Landesentscheid zu den Deutschen Meisterschaften des Handwerks (DMH) hieß die Veranstaltung im Bildungszentrum BGZ Simmerath der Handwerkskammer Aachen, an diesem Herbsttag standen Steinmetz- und Bildhauergesellenstücke aus ganz NRW im Mittelpunkt: Die schlanke, gedrehte Steinskulptur; eine steinerne Hand, die auf einem Baseball ruht; ein weiblicher Torso; eine Schale, aus der eine Fischflosse herauswächst und ein Paletten großes Steinquadrat, das verschlungene, fein ausgearbeitete Windungen umgibt.
Kritischer Prüfer war eine fünfköpfige Jury um den Steinmetz Christoph Plinz aus Düren, Besitzer des erwähnten Jury-Hundes. Er hielt zu Beginn der Bewertung noch einmal fest, welche Werke hier der kritischen Prüfung unterzogen werden: »Das ist die Champions League und im Vergleich zum letzten Mal hat sich die Qualität noch einmal enorm verbessert.« Dann machte sich eine fast greifbare Konzentration breit, als die Jury den fünf Objekten entgegentrat und sie ausdauernd begutachtete. Man zeigte auf Details, ging auf die Werke zu und wieder ein paar Schritte zurück, strich hier über Grate und Kerbungen, maß dort Winkel und Abstände. Dabei fielen Sätze wie »Das ist aber ein schwer zu kontrollierendes Stück«,»zu dem Werk da links habe ich noch keinen Zugang« oder auch »Ich lege mal den Fokus auf die Konturschablone«.
Die schon fast unheimliche Formulierung »Ich habe schon zwei Ecken gefunden, an denen ich mich aufhängen kann« war harmlos gemeint: An zwei Stellen des Bildhauer-Objektes gab`s Anlass für einen Punktabzug. Wahre Dramen spielten sich draußen vor der Tür ab: Dort liefen die Urheber der Werke angespannt auf und ab, schauten auf die Uhr und vertieften sich in Smalltalk, der gegen Nervosität hilft.
Die Jury ließ sich mehr Zeit als geplant, diskutierte jedes Werk detailiert und setzte dann zur finalen Runde an, diesmal mit Klemmbrett und Stift. Bewertet wurde die handwerkliche Schwierigkeit des Objektes, die Genauigkeit der Ausführung, die Gestaltung der Oberfläche und schließlich der Gesamteindruck; das Mittel aller Bewertungen ergab dann die Endnote. Die Türen wurden dann recht unfeierlich geöffnet, die jungen Handwerkerinnen und Handwerker kamen näher und stimmten ab: Nein, bitte nur den ersten Platz nennen und keine Rangliste. Wurde gemacht, es gab herzlichen Applaus für Selina Diekers (siehe folgende Doppelseite) und der Weg ihres Stein-Kunstwerkes mit Namen »Fischblase«geht weiter, wenn sich beim Bundeswettbewerb Türen hinter der nächsten Jury schließen, vermutlich wieder mit viel Dramatik.