
Es könnte so schön sein - aber derzeit bereitet besonders die mangelnde finanzielle Absicherung selbständigen Müttern großer Probleme. Das ergab eine aktuelle Studie.
Pressemitteilung vom 14.08.2025Zwischen Babybett und Dielenbrett
Handwerk fordert mehr Schutz für selbständige Mütter
Sie arbeiten bis kurz vor der Entbindung, schonen sich bei körperlicher Arbeit nicht und stehen möglichst bald nach der Geburt wieder an der Werkbank und auf dem Gerüst – aber ihre finanzielle Lage verschlechtert sich dennoch deutlich. Die Beschreibung stammt nicht aus dem angestaubten Geschichtsbuch oder einem Problembericht aus Entwicklungsländern, sondern aus einer aktuellen Befragung zu Selbständigkeit und Mutterschaft unter 950 Handwerkerinnen aus Nordrhein-Westfalen.
Das Institut für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn untersuchte die Situation im Auftrag des NRW-Wirtschaftsministeriums und des Westdeutschen Handwerkskammertags (WHKT) als Dachverband der sieben nordrhein-westfälischen Handwerkskammern.
Die Fakten:
- Jede zweite selbstständige Handwerkerin hört erst eine Woche oder noch kürzer vor der Geburt komplett auf zu arbeiten.
- Jede vierte kehrt bereits sechs Wochen nach der Geburt voll zurück in den Betrieb, oft aus wirtschaftlicher Not heraus, denn gesetzliche Mutterschutzleistungen für Selbstständige gibt es bislang nicht.
- Besonders dramatisch: 89 Prozent der Befragten übten während der Schwangerschaft regelmäßig körperliche Tätigkeiten aus, die bei Angestellten zu Schutzmaßnahmen oder Beschäftigungsverboten führen würden.
Entsprechend eindeutig fällt die Reaktion auf diese Zahlen aus. „Die Situation ist untragbar, belastet das Handwerk enorm und widerspricht dem Gedanken, Selbständigkeit von Frauen im Handwerk zu fördern“, erklärt Marco Herwartz, Präsident der Handwerkskammer Aachen. Er verweist auf den Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung, der auch aufgrund entsprechender Forderungen des NRW-Handwerks die Einführung des Mutterschutzes für Selbständige vorsieht. Herwartz sieht diesen Schritt als dringend geboten an: „Damit würden endlich gleiche Bedingungen für angestellte und selbständige Frauen geschaffen.“
Kurt G. Krüger, Leiter der Unternehmensberatung der Handwerkskammer Aachen, unterstützt die Forderungen und betont: „Wir wünschen uns, dass sich noch mehr Frauen im Handwerk engagieren und so ihr riesiges Potenzial einbringen, erst recht vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels. Umso wichtiger ist es, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessert wird.“
Der WHKT fordert mehr Beratung, finanzielle Absicherung und fachliche Unterstützung für werdende Mütter. Dazu verlangt der Verband finanzielle Anreize: So solle die schwangere Selbständige leichter Mutterschaftsgeld erhalten und auch einfacher in den Genuss des Elterngeldes kommen: Die Berechnungsgrundlage zur Ermittlung müsse dazu flexibler gestaltet werden. Auch die Privatversicherer werden vom WHKT in die Pflicht genommen: Die Branche solle eine Betriebsausfallversicherung bei Schwangerschaft und Mutterschutz anbieten. Präsident Herwartz kündigt an: „Wir werden dazu die Beratung durch die Kammer ausbauen und rufen auch die Krankenversicherer auf, proaktiv auf ihre Versicherten zuzugehen.“
Die Studie im Wortlaut: www.machbarmachen-handwerk.de.