Handwerkskammer Aachen

Pressemitteilung vom 29.04.2025Bundesregierung muss in den Start-up-Modus schalten

Konjunktur im regionalen Handwerk hat sich spürbar abgekühlt.

Aachen. „Die von der Bundesregierung angekündigten Sonderabschreibungen müssen zügig umgesetzt, das 500-Milliarden-Euro-Infrastrukturpaket noch vor der Sommerpause mit konkreten Maßnahmen gefüllt und die Entbürokratisierung im Laufe dieses Jahres spürbar vorangebracht werden. Andernfalls droht nach der Industrie auch das gesamtgesellschaftlich und wirtschaftlich unverzichtbare Handwerk in eine ernstzunehmende Krise zu geraten.“ Mit diesen Worten hat Georg Stoffels, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Aachen, heute bei der Vorstellung des Frühjahrskonjunkturgutachtens klare Forderungen an die Politik gerichtet. 

Viele der rund 17.500 Handwerksbetriebe in der StädteRegion Aachen sowie den Kreisen Düren, Euskirchen und Heinsberg blicken auf ein schwieriges Winterhalbjahr zurück. Laut aktueller HWK-Umfrage berichten 43 Prozent der Betriebe von sinkenden Auftragszahlen, 44 Prozent von rückläufigen Umsätzen. Zudem haben 36 Prozent ihre Investitionen reduziert. „Das ist insbesondere eine Folge der anhaltenden Flaute am Bau. In Deutschland fehlen rund 550.000 Wohnungen – eine Besserung ist derzeit nicht absehbar“, so Stoffels. 

Während bislang vor allem die Hochbaugewerke wie Maurer und Betonbauer unter der Zurückhaltung beim Wohnungsneubau litten, trifft die Stagnation inzwischen zunehmend auch die Ausbaugewerke. „Jede nicht gebaute Wohnung braucht auch keine neue Heizung, kein neues Bad, keine Dämmung und keine moderne Elektroinstallation“, beschreibt Stoffels die sogenannten Zweitrundeneffekte. 

Vor diesem Hintergrund fordert der HWK-Hauptgeschäftsführer von der Bundesregierung, in den Start-up-Modus zu schalten: „Wir können uns keine langen Debatten über die 144 Seiten des Koalitionsvertrags leisten. Für die Politik muss gelten, was für das Handwerk schon immer galt: Es ist Zeit zu machen.“ Dringend notwendig sei es zudem, für mehr Planungssicherheit bei Unternehmen und Kundschaft zu sorgen. Das sogenannte Heizungsgesetz des scheidenden Bundeswirtschaftsministers Robert Habeck habe laut Stoffels zu massiver Verunsicherung geführt und viele Betriebe über stagnierende Auftragszahlen klagen lassen.
  

Kaum Besserung in Sicht

Angesichts des dritten Rezessionsjahres in Folge, weiterhin hoher Energiepreise, wachsender Bürokratielasten und einer politischen Orientierungslosigkeit zum Zeitpunkt der Befragung erwarten lediglich 19 Prozent der Handwerksbetriebe im Kammerbezirk eine Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Lage. 35 Prozent rechnen mit rückläufigen Aufträgen, 37 Prozent mit Umsatzeinbußen. „Gerade im Baugewerbe müssen wir uns deshalb leider auf Arbeitsplatzverluste in den kommenden Monaten einstellen“, so Stoffels. 

Besser sieht die Lage in Bereichen aus, die von der Energiewende profitieren: So blicken etwa viele Dachdeckerbetriebe optimistisch in die Zukunft – auch, weil sie steigende Ausbildungszahlen verzeichnen. Ebenso erleben Straßenbauer und Tiefbauunternehmen eine wirtschaftliche Renaissance. Sie profitieren von Investitionen in die regionale Verkehrs- und Versorgungsinfrastruktur. „In den Infrastrukturberufen suchen nahezu alle Unternehmen händeringend Hilfs- und Fachkräfte, um die laufenden und künftigen Aufträge stemmen zu können“, erklärt Stoffels. 
 

Lohnnebenkosten dürfen nicht weiter steigen

Wie die Befragung weiter zeigt, müssen sich die Verbraucherinnen und Verbraucher auch im Frühjahr und Sommer nicht zuletzt aufgrund der weiter steigenden Sozialversicherungsbeiträge und der ungebrochen hohen Materialkosten auf höhere Handwerksrechnungen einstellen. 48 Prozent der befragten Betriebe gehen von steigenden Verkaufspreisen aus, nur zwölf Prozent erwarten sinkende Preise. „Das Handwerk ist besonders personalintensiv. Wenn Lohnnebenkosten wie Renten-, Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge weiter steigen, werden viele Handwerksleistungen zum Luxusgut – und das kann nicht im Sinne der Politik sein“, mahnt Stoffels und fordert einen umfassenden Reformprozess der sozialen Sicherungssysteme. 
 

Regionale Unterschiede im Kammerbezirk

Wie bereits in den Vorjahren zeigt auch die aktuelle Umfrage deutliche regionale Unterschiede im Kammerbezirk – allerdings auf insgesamt niedrigerem Niveau als im Herbst 2024. Die StädteRegion Aachen bleibt das wirtschaftliche Kraftzentrum des regionalen Handwerks: Hier meldeten 63 Prozent der Betriebe stabile oder steigende Umsätze. Der Kammerdurchschnitt liegt bei 56 Prozent. Dahinter folgt der Kreis Düren, dessen Zahlen in allen Bereichen um den Kammerdurchschnitt liegen. 

Anders sieht es in den Kreisen Heinsberg und Euskirchen aus. Dort sind besonders viele Bauunternehmen ansässig, die nicht nur unter der anhaltenden Flaute, sondern auch unter zunehmendem Preisdruck bei öffentlichen Ausschreibungen leiden. „Wir beobachten ein wachsendes Lohndumping durch ausländische Anbieter. Wenn die künftige Bundesregierung unter Friedrich Merz das Tariftreuegesetz ernst meint, müssen von Anfang an wirksame Kontrollen mitgedacht werden“, so Stoffels abschließend. Nur so ließen sich faire Rahmenbedingungen für das heimische Handwerk schaffen.  



 

Service für Redaktionen:

Als regionale Dachorganisation vertritt die Handwerkskammer Aachen die Interessen von rund 17.500 Handwerksbetrieben mit ihren über 85.000 Angestellten und knapp 5.400 Lehrlingen in der StädteRegion Aachen sowie den Kreisen Düren, Euskirchen und Heinsberg. Mit einem Umsatz von circa 10,5 Milliarden Euro ist das Handwerk eine der wirtschaftlichen Stützen im Kammerbezirk. An der Frühjahrskonjunkturumfrage der Handwerkskammer Aachen beteiligten sich knapp 630 Handwerksbetriebe.


Downloads:

Alle nachfolgenden Statements sind von Hauptgeschäftsführer Georg Stoffels:
 

1. Wie ist die aktuelle Situation im Handwerk? 
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 01: Aktuelle-Situation-im-Handwerk.mp3

2. Wie fallen die Prognosen aus?
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3. Wie lauten die Forderungen an die Politik? Dieser Inhalt wird Ihnen aufgrund Ihrer aktuellen Datenschutzeinstellung nicht angezeigt. Bitte stimmen Sie den externen Medien in den Cookie-Einstellungen zu, um den Inhalt sehen zu können.
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4. Wie präsentiert sich die konjunkturelle Lage in der Städteregion Aachen? Dieser Inhalt wird Ihnen aufgrund Ihrer aktuellen Datenschutzeinstellung nicht angezeigt. Bitte stimmen Sie den externen Medien in den Cookie-Einstellungen zu, um den Inhalt sehen zu können.
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5. Wie präsentiert sich die konjunkturelle Lage im Kreis Düren?
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 05: Lage-Kreis-Dueren.mp3

6. Wie präsentiert sich die konjunkturelle Lage im Kreis Euskirchen?
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7. Wie präsentiert sich die konjunkturelle Lage im Kreis Heinsberg?
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 07: Lage-Kreis-Heinsberg.mp3